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Psychische Belastungen nach der Pandemie

Die COVID-19-Pandemie hat uns alle auf die Probe gestellt – nicht nur körperlich, sondern auch seelisch. Als Therapeutin habe ich in den letzten Jahren viele Menschen begleitet, die mit den tiefen Narben dieser Zeit kämpfen. Ihre Geschichten berühren mich immer wieder, und ich möchte sie heute mit dir teilen. Denn ich glaube fest daran, dass wir aus diesen Erfahrungen lernen und gestärkt hervorgehen können. In diesem Beitrag erzähle ich von den Herausforderungen, die meine Klienten erleben und wage einen Blick in die Zukunft. Vielleicht findest du dich in den Zeilen wieder – oder erkennst jemanden, dem diese Worte helfen könnten.

Die Pandemie als Sturm, der uns alle traf

Es begann mit einer unsichtbaren Bedrohung, die plötzlich unser aller Leben auf den Kopf stellte. Die Isolation, die Unsicherheit, die ständige Angst vor Ansteckung oder davor, geliebte Menschen zu verlieren – all das hat tiefe Spuren hinterlassen. Viele meiner KlientInnen beschreiben diese Zeit als einen Sturm, der sie aus ihrem gewohnten Leben riss und sie in einem emotionalen Chaos zurückließ.

Eine Klientin, erzählte mir einmal: „Ich saß monatelang allein in meiner Wohnung. Die Stille war anfangs noch erträglich, aber irgendwann wurde sie zu einer Last. Ich hatte das Gefühl, die Welt draußen würde weitergehen, während ich in meinen Ängsten gefangen war. Die Sorge, krank zu werden oder jemanden anzustecken, hat mich fast erdrückt.“

Die Pandemie hat bei vielen ein Gefühl der Hilflosigkeit hinterlassen, das auch jetzt, Jahre später, noch nachhallt.

Die Schatten, die bleiben

Auch wenn die Maßnahmen gelockert und die Gesellschaft zu einer neuen Normalität zurückgekehrt ist, sind die psychischen Folgen der Pandemie noch immer spürbar. Viele Menschen kämpfen mit chronischer Einsamkeit, weil sie verlernt haben, soziale Kontakte zu pflegen. Andere sind von Zukunftsängsten geplagt, weil die Unsicherheit über die wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung sie nicht loslässt. Und dann sind da noch diejenigen, die einen geliebten Menschen durch COVID-19 verloren haben und mit ihrer Trauer allein gelassen wurden.

Einer meiner Klienten, brachte es auf den Punkt: „Ich habe meinen Job verloren und fühle mich wie ein Versager. Meine Familie sagt, ich soll mich zusammenreißen, aber ich schaffe es einfach nicht. Die Pandemie hat alles zerstört, was mir Sicherheit gegeben hat.“

Diese Worte zeigen, wie tief die Wunden sind, die die Pandemie gerissen hat. Und sie machen deutlich, wie wichtig es ist, dass wir über diese Themen sprechen – ohne Scham, ohne Stigmatisierung.

Alles hat Raum und einen guten Grund

In meiner Arbeit geht es nicht darum, sich von Gefühlen oder Erfahrungen zu verabschieden, sondern darum, ihnen Raum zu geben – denn alles hat seinen Platz. Es gibt keine schlechten Gefühle, nur solche, die schwer oder leicht sind und manchmal aus ihrer natürlichen Balance geraten sind. Jedes Gefühl hat einen guten Grund, da zu sein, auch wenn es uns im Moment belastet.

Der Prozess beginnt damit, die eigenen Gefühle anzuerkennen – ohne sie zu bewerten oder zu verurteilen. Dann geht es darum, zu sortieren: Was gehört wirklich zu mir? Was ist mir dienlich, und was belastet mich? Oft sind es nicht die Gefühle selbst, die uns quälen, sondern die Tatsache, dass sie nicht mehr an ihrem natürlichen Platz sind bzw. wir, als Menschen aus dem Gleichgewicht geraten sind.

Wo stehen wir heute?

Die Pandemie hat uns gezeigt, wie verletzlich wir sind – nicht nur körperlich, sondern auch seelisch. Doch sie hat auch eine Chance geschaffen: die Chance, über unsere psychische Gesundheit zu sprechen und sie stärker in den Fokus zu rücken. Viele meiner Klienten haben durch die Krise gelernt, sich selbst besser zu verstehen und Hilfe anzunehmen.

Doch es gibt noch viel zu tun. Wir brauchen mehr Aufklärung, um psychische Probleme zu entstigmatisieren. Wir brauchen mehr Therapieangebote, damit Menschen nicht monatelang auf Hilfe warten müssen. Und wir brauchen Prävention – sei es in Schulen, am Arbeitsplatz oder in unserem täglichen Leben. Achtsamkeit und Resilienz sind keine Luxusgüter, sondern Werkzeuge, die uns helfen, mit den Herausforderungen des Lebens umzugehen.

Ein Blick in die Zukunft: Wohin könnte die Reise gehen?

Ich stimme mit den Fachleuten überein, die Langzeitfolgen der Pandemie werden uns noch Jahre beschäftigen. Doch ich bin optimistisch, dass wir als Gesellschaft daraus lernen können. Die zunehmende Akzeptanz von digitalen Therapieformen, die stärkere Einbindung von psychischer Gesundheit in die Arbeitswelt und das wachsende Bewusstsein für Selbstfürsorge sind positive Entwicklungen.

Ich glaube, dass wir in den nächsten Jahren einen stärkeren Fokus auf Prävention und frühzeitige Intervention legen werden. Gleichzeitig werden innovative Therapieansätze, wie die Integration von Achtsamkeit und Technologie, weiter an Bedeutung gewinnen. Die Pandemie hat uns gezeigt, wie wichtig psychische Gesundheit ist – und das wird uns hoffentlich zu einer empathischeren und resilienteren Gesellschaft führen.

Hast du ähnliche Erfahrungen gemacht?
Oder kennst du jemanden, der mit den Folgen der Pandemie kämpft? Vielleicht findest du in diesen Zeilen etwas, das dir Hoffnung gibt oder dich dazu inspiriert, den ersten Schritt zu machen. Denn eines ist sicher: Wir sind nicht allein. Gemeinsam können wir Wege finden, um gestärkt aus dieser Zeit hervorzugehen.