Trauernde Geschöpfe – Wie Tiere und Menschen Trauer erleben
Trauer gehört nicht nur zu uns Menschen.
Auch Tiere zeigen auf vielfältige Weise, dass sie den Verlust von Gefährten spüren und verarbeiten.
Trauer ist ein universeller Ausdruck von Liebe, Bindung – und von Abschied.
👉 Hinweis: Dieser Artikel basiert auf einer früheren Veröffentlichung im viaMAG, dem Magazin für eine neue Trauerkultur.
Trauer bei Tieren – ein junges Forschungsfeld
Lange Zeit ging man davon aus, dass Tiere reine Reiz-Reaktionswesen seien – unfähig zu echten Gefühlen wie Trauer, Mitgefühl oder Liebe.
Beobachtungen, die solche Emotionen bei Tieren nahelegten, wurden als sentimental und unwissenschaftlich abgetan.

Erst in den letzten Jahrzehnten rückte das Thema in den Fokus der Forschung.
Verhaltensstudien, etwa bei Schimpansen, Delfinen und Elefanten, zeigen mittlerweile deutlich: Trauer ist auch im Tierreich tief verwurzelt.
Beispiele aus der Natur – wenn Trauer sichtbar wird
Ein eindrückliches Beispiel liefert das Schimpansenweibchen Noel im Chimfunshi Wildlife Orphanage in Sambia.
Nachdem ihr Adoptivsohn Thomas verstorben war, blieb sie an seiner Seite und pflegte seinen Körper mit einem Grashalm – ein Ausdruck von anhaltender Bindung und Mitgefühl, wie Wissenschaftler berichten.
Auch bei Elefanten sind rituelle Verhaltensweisen dokumentiert.
Afrikanische und asiatische Elefanten zeigen oft große Unruhe beim Tod eines Herdenmitglieds:
Sie bewachen den Körper, erkunden ihn, stupsen oder tragen ihn sogar über weite Strecken.
Diese Reaktionen deuten auf ein emotionales Verständnis von Verlust hin.
Eine Studie nutzte sogar YouTube-Videos, um selten dokumentiertes Verhalten asiatischer Elefanten zu erfassen – ein kreativer Zugang, der die emotionale Tiefe dieser Tiere unterstreicht.
Hunde und Trauer – stille Begleiter in Verlustprozessen
Auch Hunde trauern spürbar.
Eine italienische Studie zeigte, dass viele Hunde nach dem Verlust eines tierischen Gefährten signifikante Verhaltensänderungen aufweisen:
Sie suchten mehr Nähe, fraßen weniger oder spielten monatelang kaum noch.
Berühmte Beispiele wie der Skye Terrier Greyfriars Bobby oder der japanische Akita Hachikō rühren uns bis heute: Beide Hunde blieben ihren verstorbenen Besitzern jahrelang treu verbunden – Zeichen einer Liebe, die über den Tod hinausreicht.
Was wir von Tieren über Trauer lernen können
Tiere zeigen uns, dass Trauer kein rein menschliches Konzept ist.
Sie leben ihre Verluste offen: durch Nähe, durch Rückzug, durch Rituale.
Ohne gesellschaftliche Erwartungen. Ohne sich rechtfertigen zu müssen.
Vielleicht sollten auch wir lernen, unsere Trauer anzunehmen – als natürlichen Teil von Bindung und Liebe.
Trauer bewältigen bedeutet nicht, sie loszuwerden, sondern ihr Raum zu geben.
Sie ist ein stilles Zeugnis dafür, dass wir lieben konnten.